Zeit Online - Zu Tisch, die Heuschrecken sind fertig

Start-up für essbare Insekten: Michael Blautzik von Bugoo zeigt eine Heuschrecke auf dem Lindener Marktplatz. Der Start-up-Gründer will Menschen zur Umstellung ihres Speiseplans auf Insekten ermutigen. Hannover (dpa) - Ein schneller Blick, sie staunt, dann geht sie weiter. Nach wenigen Metern bleibt sie stehen, dreht sich um und mustert den Marktstand erst aus der Ferne, dann kommt sie zurück. Ganz genau sieht sie sich die ausgelegten Waren, verpackt in kleinen und größeren Tütchen, an. Der Händler möchte der Frau helfen, sie meint verlegen, später noch einmal wiederzukommen - oder in einer Woche. Der Händler, der 32 Jahre alte Michael Blautzik, nickt verständnisvoll, er kennt das. Was hat die Kundin so verwirrt?

Es ist eine ganz spezielle Delikatesse, die vermutlich kaum jemand auf dem Speisezettel haben dürfte: Insekten. Obwohl: «Ich laufe schon wochenlang hinter Ihnen her», sagt eine andere Kundin fast schon vorwurfsvoll. Andrea Reißmann kennt Insekten dank einer Kollegin, die in Afrika gearbeitet und geröstete Heuschrecken mitgebracht habe - «die schmecken wie Garnelen». Jetzt ist sie neugierig, will mehr wissen und - ausprobieren. Start-up will Kunden Insekten schmackhaft machen Mehlwürmer gefällig? Die seien ja ohnehin «köstlich», sagt sie wissend und deutet auf die Packungen mit gebackenen Heuschrecken: «Die Großen will ich auch» - und dazu Grillen, in Kräutern, Chili oder Knoblauch. Abscheu überwinden müsse sie nicht, obwohl sie das Gewimmel von Insekten auch nicht besonders appetitanregend findet. Denn: «Was gibt's Besseres an Proteinen?» Nun ja, das will wohlüberlegt sein, scheinen viele Kunden zu denken.

Doch wer wirklich stehenbleibe und probiere, das lasse sich kaum einschätzen, sagt Blautzik. Er habe vermutet, dass sich eher jüngere Menschen für die knusprigen Krabbeltiere interessieren, aber seine Kundschaft sei bunt gemischt. Noch gebe es keinen richtigen Markt dafür, aber auf lange Sicht, in fünf bis zehn Jahren, wer weiß - vielleicht sei es dann Normalität. Fest steht: Viel Aufklärung gehöre dazu, sagt der 32-Jährige, der im April sein Start-up « Bugoo» gegründet hat - das englische Wort «bug» wegen der Insekten und die zwei angehängten «oo» wegen des Klangs. Insekten als Statement gegen Massentierhaltung Der Betriebswirt, der Erfahrung im E-Commerce hat, weiß: Sein Geschäftsmodell - und seine Waren - muss er den Menschen erklären. Daher steht er samstags auf dem Wochenmarkt im hannoverschen Stadtteil Linden, denn «einfach so», so viel stehe fest, kämen die Menschen nicht auf seinen Online-Shop.

Die Insekten züchte er nicht selbst, sondern beziehe sie von Züchtern in Deutschland und Holland. Die gefriergetrockneten Insekten würden in einer angemieteten Küche gebacken, verpackt und verkauft. Was brachte ihn dazu? «Die Massentierhaltung kann so nicht weitergehen», betont Blautzik. Das sehen viele seiner potenziellen Kunden wohl ebenso, aber manche seien «noch nicht bereit».

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